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Wenn Sie einen Umzug nach Spanien planen oder bereits in Spanien leben, sollten Sie darüber nachdenken, ein Testament zu verfassen und zu hinterlegen. Sie sollten bedenken, dass das spanische Erbrecht sich stark von dem Ihres Heimatlands unterscheiden kann. Wenn Sie ein in Spanien ansässiger Ausländer oder ein Nichtansässiger mit Vermögenswerten in Spanien (z. B. einer Immobilie) sind, wird Ihr Vermögen nach spanischem Recht veräußert, wenn Sie kein Testament haben. Das Erbrecht unterliegt sowohl der nationalen als auch der regionalen Gesetzgebung. Es ist daher wichtig, beide zu kennen, um unerwartete Überraschungen zu vermeiden, wie z. B. das landesweite Gesetz der Pflichtteilsberechtigten. In diesem Artikel erklären wir die wichtigsten Punkte rund um Testamente und Erbschaften in Spanien und empfehlen Ihnen, sich von einem Anwalt beraten zu lassen, wie Sie Ihren Nachlass am besten planen.
Erbrecht in Spanien
Das spanische Erbrecht sieht Beschränkungen hinsichtlich der Verteilung Ihres Nachlasses vor. Die bekannteste Regelung ist das landesweite Gesetz zur Zwangsvererbung. Dadurch wird der Nachlass effektiv in drei gleiche Teile aufgeteilt und festgelegt, wie jeder Teil unter den Erben aufgeteilt werden muss. War der Verstorbene jedoch verheiratet, behält sein Ehepartner 50 % des gemeinsamen Vermögens. Der verbleibende Betrag wird in den Nachlass fließen, der in drei gleiche Teile aufgeteilt und nach spanischem Recht verteilt wird:
- Erstes 1/3 - Wird zu gleichen Teilen unter den überlebenden Kindern, ob leiblich oder adoptiert, aufgeteilt.
- Zweites 1/3 – Wird zwischen allen überlebenden Kindern aufgeteilt, die Verteilung kann jedoch je nach Anweisungen im Testament gleich oder ungleich sein. Der Ehegatte behält jedoch ein lebenslanges Nutzungsrecht (den Nießbrauch) an diesem Teil des Nachlasses und die Kinder werden dieses Vermögen erst erben, wenn der Ehegatte stirbt.
- Letztes 1/3 - Dies ist der einzige Teil des Nachlasses, der ohne Einschränkungen frei verteilt werden kann.
Es empfiehlt sich, ein spanisches Testament zu erstellen, wenn Sie wieder geheiratet haben und Stiefkinder oder Familienmitglieder haben, die Sie einbeziehen müssen und die nicht durch spanisches Recht geschützt sind. Wenn der Verstorbene zum Zeitpunkt seines Todes eine spanische Rente bezogen hat oder Anspruch darauf hatte, könnten der Ehegatte oder die unterhaltsberechtigten Kinder bis zu 70 % davon beanspruchen.
Nach spanischem Recht haben die überlebenden Eltern des Verstorbenen Anspruch auf einen Teil des Nachlasses, wenn es keine Kinder gibt, die den Nachlass erben könnten. Wenn der Ehegatte des Verstorbenen noch lebt, kann er ein Drittel des Nachlasses beanspruchen, andernfalls 50 %. Sollten die Eltern nicht mehr leben, dafür aber die Großeltern, haben diese Anspruch auf denselben Teil des Nachlasses. Wenn schließlich keine Kinder, Eltern, Großeltern oder Ehegatten vorhanden sind, können 100 % des Nachlasses mittels eines in Spanien oder im Ausland hinterlegten Testaments an eine beliebige Person vererbt werden. Nach spanischem Recht hat die Blutsverwandtschaft Vorrang vor der Schwägerschaft.
Obwohl das Erbrecht landesweit gilt, gibt es von Region zu Region geringfügige Unterschiede, beispielsweise in der Reihenfolge der Blutsverwandtschaft des Ehegatten. Außerdem gilt die Erbschaftssteuer nicht landesweit und variiert erheblich zwischen den einzelnen autonomen Gemeinschaften. Um mehr über die Erbschaftssteuer zu erfahren, lesen Sie bitte unseren Artikel „Steuern für Rentner“. Daher empfehlen wir Ihnen, sich von einem Fachmann beraten zu lassen, um den konkreten Fall zu klären.
Wenn der Verstorbene ein spanisches oder internationales Testament verfasst hat, in dem er bestimmt, dass die Gesetze seines Heimatlandes anzuwenden sind, wird das spanische Erbrecht in keiner Weise berücksichtigt. Dies gilt sowohl für spanische und weltweite Vermögenswerte.
Wie kann man ein Testament anfechten?
In Spanien ist eine Anfechtung des Testaments eher unüblich. Dies liegt vor allem daran, dass das Erbrecht die Blutsverwandtschaft begünstigt. Doch es kann durchaus Gründe geben, warum ein Testament angefochten werden muss, und es gibt auch bestimmte Situationen, in denen dies möglich ist:
- Betrügerische Handlungen
- Testierunfähigkeit des Erblassers
- Entgegen den gesetzlichen Bestimmungen des spanischen Rechts nicht im Testament aufgeführt zu sein
- Keine angemessene Berücksichtigung im Testament
- Der Verstorbene wurde gegen seinen Willen gezwungen oder unter Druck gesetzt
- Fahrlässigkeit seitens des Nachlassverwalters
- Ungültiges Testament, d.h. es wurde falsch aufgesetzt
Die gesetzliche Frist für die Anfechtung eines Testaments beträgt 4 Jahre.
Wie ist das Verfahren, wenn kein Testament vorliegt?
Wenn der verstorbene Auswanderer in Spanien kein Testament hinterlegt hat, kann dies der Beginn eines sehr langwierigen und beschwerlichen Prozesses sein. Nach spanischem Recht muss das Erbschaftsverfahren innerhalb von 6 Monaten nach dem Tod abgeschlossen sein. Daher sollten Sie unbedingt einen Anwalt beauftragen, der Sie bei diesem Verfahren unterstützt. Um Anspruch auf das spanische Vermögen eines Verstorbenen zu erheben, müssen Sie einen Antrag auf Ausstellung eines Erbscheins stellen.
Dieser kann normalerweise in Ihrem Heimatland beantragt werden, muss aber für die Notare in Spanien übersetzt und beglaubigt werden. Sie müssen eine Vielzahl von Dokumenten zusammenstellen, z. B. Sterbeurkunden, Heirats- und Geburtsurkunden, eine Vermögensaufstellung, aktuelle Kontoauszüge und Reisepässe und vieles mehr. Diese Dokumente müssen alle für spanische Notare übersetzt und beglaubigt werden. Wir empfehlen Ihnen, einen Rechtsberater zu konsultieren, alle notwendigen Dokumente für die Geltendmachung der Erbschaft zu erhalten.
Eine Erbschaft in Spanien ausschlagen
Erben können aus beliebigem Grund eine Erbschaft ausschlagen. Es ist durchaus üblich, dass Erben eine Erbschaft ausschlagen, wenn Schulden auf den Vermögenswerten lasten oder wenn sie die Erbschaftssteuer nicht entrichten können.
Allerdings gibt es eine Möglichkeit, die Ausschlagung des Erbes zu vermeiden, das sogenannte„beneficio de inventario” (Gewinn aus dem Inventar). Dadurch können die Erben ihren Nachlass nach Begleichung der Schulden des Gläubigers erhalten. Dies ist ein mühsamer Prozess und wir raten Ihnen dringend, einen Rechtsbeistand mit der Durchführung dieses Verfahrens zu beauftragen.
Nicht beanspruchte Erbschaft in Spanien
Eine nicht beanspruchte Erbschaft geht an den Staat über, wenn eine der drei folgenden Situationen eintritt:
- Es gibt keine gesetzlichen Erben
- Die Erbschaft wurde von allen Erben abgelehnt
- Das Erbe wurde nicht beansprucht
Ein Testament in Spanien verfassen
Aufgrund des spanischen Erbrechts sind Testamente in Spanien nicht zwingend erforderlich. Wie bereits erwähnt, wird nach spanischem Recht ein ausländisches Testament anerkannt, wenn es sich auf Vermögenswerte in Spanien bezieht. Allerdings müssen diese Testamente in Spanien übersetzt und beglaubigt werden, bevor sie vollstreckt werden können. Dies kann manchmal teurer sein als das Verfassen eines spanischen Testaments. Ein spanisches Testament kann auch Zeit sparen, da bei einem ausländischen Testament die Ausstellung eines Erbscheins erforderlich sein kann. Dies ist durchaus eine Überlegung wert, da die Frist für die Geltendmachung von Ansprüchen nur 6 Monate ab dem Todestag beträgt, um Geldstrafen des spanischen Finanzamtes zu vermeiden.
Voraussetzungen für das Verfassen eines Testaments in Spanien
Das spanische Recht schreibt vor, dass für die Gültigkeit eines Testaments bestimmte Bedingungen erfüllt sein müssen. Diese Bedingungen können regional unterschiedlich sein, sind aber von Ihrem Hauptwohnsitz abhängig. Damit das Testament gültig ist, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:
- Die Identität des Erblassers muss nachgewiesen werden
- Die Testierfähigkeit muss nachgewiesen werden
- Das Mindestalter beträgt 14 Jahre bzw. 18 Jahre im Falle eines eigenhändigen Testaments
- Ihr Testament kann nicht an eine andere Person delegiert werden
- Gemeinsame Testamente sind nicht zulässig
Es gibt keine Begrenzung, wie viele Testamente erstellt oder widerrufen werden können. Wenn Sie ein neues Testament verfassen, wird das vorherige automatisch widerrufen. Alle Testamente, die vor einem Notar unterzeichnet werden, werden im Nationalen Register für Testamente (Registro Central de Ultimas Voluntades) registriert. Das zuletzt eingetragene Testament wird als gültig angesehen.
Die geläufigsten Arten von Testamenten in Spanien
In Spanien gibt es verschiedene Arten von Testamenten, die gängigsten sind jedoch folgenden:
- Offenes Testament: Dies ist die häufigste Form des Testaments in Spanien. Das Testament wird von einem Notar nach den gesetzlichen Vorgaben erstellt und muss vor zwei Zeugen und dem Notar unterzeichnet werden. Anschließend wird es im nationalen Register eingetragen.
- Geschlossenes Testament: Dieses Testament wird in der Regel geheim, aber unter Hinzuziehung eines Rechtsexperten verfasst, um sicherzustellen, dass es den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Anschließend wird es in einem Umschlag versiegelt. Dieser Umschlag wird von einem Notar und zwei Zeugen unterzeichnet und anschließend im nationalen Register eingetragen.
- Eigenhändiges Testament: Dieses Testament ist die einfachste und kostengünstigste Möglichkeit, in Spanien ein Testament zu erstellen, aber es ist auch am einfachsten anzufechten und am schwierigsten auszuführen. Dieses Testament ist handschriftlich verfasst und kann freiwillig im nationalen Register eingetragen werden. Wenn der Erblasser stirbt, muss ein Richter das Testament beglaubigen. Damit dieses Testament vollstreckt werden kann, benötigt der Richter mindestens zwei der nächsten Verwandten des Verstorbenen, um die Handschrift des Erblassers zu beglaubigen.
So wird ein Testament vollstreckt
In Spanien ist für die Verwaltung eines Testaments kein Rechtsanwalt erforderlich. Die Vollstreckung erfolgt normalerweise durch einen öffentlichen Notar. Sollte das Testament jedoch komplex sein, könnte es durchaus ratsam sein, einen Notar zu beauftragen, auch wenn dies kostspieliger ist. Alle Notare finden Sie auf der offiziellen Website.
So können Sie den Wert Ihrer Immobilie in Spanien ermitteln lassen
Es ist nicht einfach, eine genaue Bewertung für eine Immobilie zu erhalten. Bei Geldanlagen in Banken sowie Aktien und Wertpapieren besteht natürlich kein Klärungsbedarf, aber Immobilien können recht komplex sein. Das spanische Finanzamt wird den Marktwert von Immobilien in Übereinstimmung mit den dafür geltenden Richtwerten prüfen. Diese Richtwerte spiegeln jedoch möglicherweise nicht genau den aktuellen Marktwert der Immobilie wider.
Ein Bausachverständiger kann Ihnen ein aktuelles Wertgutachten erstellen und einen Finanzbericht vorlegen, der dieses Gutachten bestätigt. Falls Sie eine nicht-offizielle Schätzung benötigen, können Sie diese bei einem Immobilienmakler einholen. Alternativ können Sie auch nach ähnlichen Immobilien in der Gegend suchen um einen Eindruck vom Wert zu bekommen, bevor Sie sich an einen Experten wenden.
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Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen lediglich der allgemeinen Information und Orientierung. Unsere Artikel sollen Ihnen ein besseres Verständnis des spanischen Immobilienmarktes vermitteln, nicht aber eine professionelle Rechts-, Steuer- oder Finanzberatung ersetzen. Für eine fachliche Beratung ist es ratsam, sich an einen professionellen Berater zu wenden. Obwohl wir uns um Genauigkeit bemühen, kann thinkSPAIN nicht garantieren, dass die von uns bereitgestellten Informationen vollständig oder auf dem neuesten Stand sind. Entscheidungen, die auf der Grundlage unserer Artikel getroffen werden, liegen in Ihrem eigenen Ermessen. thinkSPAIN übernimmt keine Haftung für etwaige Handlungen, Fehler oder Auslassungen.
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